Exzellenz im Autotransport

06. 03. 2024

Eine Million Fahrzeuge hat die Rail Cargo Group (RCG) 2023 transportiert. Eine logistische Höchstleistung, angetrieben vom Anspruch, stets die beste Lösung für den Kunden zu finden. Wie das selbst in Krisenzeiten geht, verraten die Logistikprofis Steve Roth und Claus Franke.

Im Segment Automotive müssen die Timings sitzen, heute ist da keine Ausnahme: 45 Minuten sind für das Interview eingeplant. Zu Beginn ein paar Fotos, dann die Vorstellung im Schnelldurchlauf. Da ist Segment Manger Automotive Steve Roth, mittlerweile seit neun Jahren bei der Rail Cargo Group. Steve sorgt dafür, dass im Segment Automotive in ganz Europa alles rund läuft und alle Zahnräder ineinandergreifen. Neben ihm sitzt Claus Franke, Key Account Manager, seit sechs Jahren bei der RCG. Sein Spezialgebiet: Fertigfahrzeugtransporte. Schon bei der Recherche stellt sich heraus: Automotive ist komplex. Machen wir es uns nicht unnötig schwer, beginnen wir das Gespräch mit einer einfachen Frage.

Bei Automotive dreht sich alles um den Transport von Autos, richtig?

Steve: Ja, aber nicht nur. Genau genommen sind es drei Teilsegmente, die wir im Segment Automotive bedienen. Da sind zum einen komplette Autos, wir nennen sie Fertigfahrzeuge, die von den Werken zu den Häfen Europas und weiter in die ganze Welt hinausgehen. Wir transportieren aber auch Autoteile, von Felgen, über Motoren, Gefahrgüter wie Batterien bis hin zu Türen oder Karossen. Und dann gibt es noch die Spezialtransporte, also alles, was groß und schwer ist und besondere Genehmigungen benötigt. Da gehören zum Beispiel auch Bundesheertransporte dazu, die wir in Österreich durchführen.

Gibt es da bestimmte Hauptrouten, die ihr bedient?

Claus: Die Hauptströme sind sicher von den großen Werken in Deutschland oder auch Ungarn in die Nordhäfen und da vor allem nach Bremerhaven und Zeebrügge. Aber auch im Süden gibt es für uns mit dem Hafen in Barcelona eine bedeutende Anlaufstelle, die wir wöchentlich von Österreich aus anfahren. Darüber hinaus hat auch der Hafen Koper große Relevanz, den wir mit bis zu 12 Züge pro Woche aus Deutschland ansteuern. Auf der anderen Seite bekommt auch der Auto-Import einen immer größeren Stellenwert. Mittlerweile kommen mehr und mehr Autos aus China nach Europa – allen voran Elektroautos. Das hat auch einen großen Einfluss auf unsere Warenströme in Europa.

Kann ich mit einem Zug besser Autos transportieren als mit einem Lkw?

Claus: Absolut, vor allem im Bereich Outbound, also bei den Fertigfahrzeugtransporten. Aktuell werden bereits 60 % aller Fahrzeuge auf der Schiene transportiert. Das liegt daran, dass es mit dem Lkw oft gar nicht möglich ist, solche Mengen abzuwickeln. Auf einen Lkw bekommst du vielleicht sieben bis acht Fahrzeuge, auf einen unserer bis zu 700 Meter langen Züge ganze 256 Stück! Wenn wir also fünf Züge pro Tag aus einem Werk fahren, dann kann man sich vorstellen, wie viele Lkw das sein müssten. Das ist eine ziemliche Challenge in der Abwicklung und da können wir auf jeden Fall punkten, da wir als ein Ansprechpartner auftreten, der eine Lösung bietet.

Und wie ist das bei Einzelteilen, die für die Fertigung zu den Autoherstellern geliefert werden?

Steve: Im Inbound – also beim Transport von Teilen von den Lieferanten zu den Werken – werden nach wie vor gut 90 % mit dem Lkw transportiert...

Claus: Allerdings findet hier bereits ein Umdenken in Richtung Bahnlogistik statt, das durchaus spürbar ist!

Inwiefern?

Steve: Claus meint das zunehmende CO2-Bewusstsein der Branche. Insgesamt finden im Bereich Automotive aktuell große Umwälzungen statt, nicht nur, aber auch im Rahmen der fortschreitenden Elektrifizierung. Als RCG und Anbieter einer grünen Logistik haben wir da eine Sonderposition, die mehr und mehr nachgefragt wird. Erst vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einem bedeutenden Automobilhersteller, der bis 2030 CO2 neutral sein möchte. Das geht nur, wenn auch die gesamte Logistik nachhaltig abgewickelt wird. Das macht uns einzigartig und hilft unseren Kunden, ihre Ziele schneller und konsequenter zu erreichen – sowohl im Inbound- als auch im Outbound-Bereich.

Ist der Effekt so groß?

Steve: Absolut. Ich schätze, dass allein der Transport gut 30 % der CO2-Ausstöße bei den Autoherstellern verursacht. Das liegt daran, dass die Hersteller in ihren Werken vereinfacht gesagt nur Einzelteile zusammenbauen – diese aber aus allen Ecken der Welt kommen. Das Potential ist riesig, gerade weil die Teile nach wie vor noch oft mit dem Lkw kommen.

Der Transport mit dem Lkw hat auch Vorteile, da er durchaus flexibel ist. Wie könnt ihr euch in einem so zeitkritischen Umfeld behaupten – Stichwort „Just-in-Time-Lieferungen“?

Steve: Es stimmt, dass die Anforderungen der Autobauer hoch sind. Sie richten ihre Produktion nicht nur nach dem „Just-in-Time“-Verfahren, sondern zusätzlich auch nach „Just-in-Sequence“ aus. Das heißt, die richtigen Teile müssen zur richtigen Zeit und zusätzlich in der richtigen Reihenfolge am Band angeliefert werden. Wir sprechen hier von täglichen Slots und Zeitfenstern von gerade einmal zwei Stunden…

Claus: Die auch wirklich getroffen werden müssen. Sonst kann es dazu kommen, dass das Werk stehenbleibt! Und das möchte niemand.

Und wenn an einem Tag einmal alles schiefgeht?

Steve: Wir haben immer einen Plan B, immer eine Back-up-Lösung in jedem Angebot, das wir in enger Abstimmung mit unseren Kunden verhandeln. Unsere Aufgabe ist nicht weniger als das kontinuierliche Abliefern von operativer Exzellenz. Das heißt in letzter Konsequenz, dass wir, wenn alle Stricke reißen und eine Strecke aus welchen Gründen auch immer gesperrt ist, auch mit dem Lkw aushelfen. Wir sind Logistiker und wir wollen unsere Aufträge erfüllen, komme was wolle.

Manche Dinge jedoch sind per se unberechenbar und in ihren Auswirkungen mitunter gravierend. Die anhaltenden Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer etwa. Ist man da nicht einfach hilflos?

Steve: Solche Dinge kann niemand vorhersehen und sie treffen die Weltwirtschaft mit voller Wucht. Als RCG haben wir jedoch viel aus den Krisen der letzten Jahre gelernt – und dank unserer Präsenz in 18 Ländern, 13 davon in Eigentraktion – haben wir bis zu einem gewissen Grad auch ein Mittel gefunden, sie in ihrer Vehemenz zumindest abzuschwächen. Wenn wir also große Veränderungen in der Welt sehen und Warenströme davon beeinflusst werden, dann platzieren wir unsere Kapazitäten vermehrt auf neuen Korridoren, um besser mit den Veränderungen umzugehen. Wir sind da ziemlich gut darin geworden. Noch zum Beispiel der Huthi-Rebellen: Die Angriffe im Roten Meer haben dazu geführt, dass aktuell deutlich mehr Waren über die Nordhäfen statt über die Südhäfen angeliefert werden. Früher oder später wird sich das wieder ändern, und wir gehen davon aus, dass dann Barcelona oder Koper wieder viel stärker angefahren werden.

Klingt, als wären Flexibilität und der Zugang, auch ungewöhnliche Lösungen zu finden, essenziell für den Erfolg im Bereich Automotive. Habt ihr einen bestimmten Moment, an den ihr euch besonders gerne zurückerinnert und bei dem ihre diese Fähigkeiten voll ausspielen konntet?

Claus: Wir sind letztes Jahr die ersten drei Züge zwischen Tschechien und der Türkei gefahren. Vor allem die Strecke durch den 14 Kilometer langen Marmaray-Tunnel war ein Highlight für mich, weil bisher niemand mit Autowagen durch den Tunnel fahren durfte. Wir haben das als erster End-to-end-Bahnlogistiker geschafft – unter anderem auch dank der großartigen Unterstützung unserer türkischen Kolleg:innen, die alles dafür getan haben, dass wir die Zulassung für den Tunnel von der türkischen Infrastruktur erhalten. Das sind schon Momente, an die man sich gerne zurückerinnert.

Steve: Bei mir ist es ganz sicher Lamborghini. Ich konnte sie überzeugen, von 40 Lkw pro Woche zwischen Deutschland und Italien, komplett auf die Schiene umzusteigen. Das hat nur funktioniert, weil wir als RCG die Verantwortung übernommen haben, door-to-door die Lieferung des Werkes sicherzustellen. Mit einem sehr guten Konzept, um diese operative Exzellenz zu erreichen, die der Kunde sich am Ende wünscht. Das heißt, Lamborghini kann sich da wirklich voll auf uns verlassen und sich auf das konzentrieren, was sie am besten können: ikonische Sportwagen bauen.

2023 auf einen Blick

  • Organisation von europaweiten End-to-end-Lieferungen
  • Gesamtlogistik aus einer Hand – für Neuwagen, Nutz-, Spezialfahrzeuge sowie Komponenten, Halb- und Fertigprodukte
  • 100 Mio. Euro Umsatz pro Jahr
  • Transport von 1 Million Fertigfahrzeugen
  • 30 Mitarbeiter:innen

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