Und wie ist das bei Einzelteilen, die für die Fertigung zu den Autoherstellern geliefert werden?
Steve: Im Inbound – also beim Transport von Teilen von den Lieferanten zu den Werken – werden nach wie vor gut 90 % mit dem Lkw transportiert...
Claus: Allerdings findet hier bereits ein Umdenken in Richtung Bahnlogistik statt, das durchaus spürbar ist!
Inwiefern?
Steve: Claus meint das zunehmende CO2-Bewusstsein der Branche. Insgesamt finden im Bereich Automotive aktuell große Umwälzungen statt, nicht nur, aber auch im Rahmen der fortschreitenden Elektrifizierung. Als RCG und Anbieter einer grünen Logistik haben wir da eine Sonderposition, die mehr und mehr nachgefragt wird. Erst vor kurzem hatte ich ein Gespräch mit einem bedeutenden Automobilhersteller, der bis 2030 CO2 neutral sein möchte. Das geht nur, wenn auch die gesamte Logistik nachhaltig abgewickelt wird. Das macht uns einzigartig und hilft unseren Kunden, ihre Ziele schneller und konsequenter zu erreichen – sowohl im Inbound- als auch im Outbound-Bereich.
Ist der Effekt so groß?
Steve: Absolut. Ich schätze, dass allein der Transport gut 30 % der CO2-Ausstöße bei den Autoherstellern verursacht. Das liegt daran, dass die Hersteller in ihren Werken vereinfacht gesagt nur Einzelteile zusammenbauen – diese aber aus allen Ecken der Welt kommen. Das Potential ist riesig, gerade weil die Teile nach wie vor noch oft mit dem Lkw kommen.
Der Transport mit dem Lkw hat auch Vorteile, da er durchaus flexibel ist. Wie könnt ihr euch in einem so zeitkritischen Umfeld behaupten – Stichwort „Just-in-Time-Lieferungen“?
Steve: Es stimmt, dass die Anforderungen der Autobauer hoch sind. Sie richten ihre Produktion nicht nur nach dem „Just-in-Time“-Verfahren, sondern zusätzlich auch nach „Just-in-Sequence“ aus. Das heißt, die richtigen Teile müssen zur richtigen Zeit und zusätzlich in der richtigen Reihenfolge am Band angeliefert werden. Wir sprechen hier von täglichen Slots und Zeitfenstern von gerade einmal zwei Stunden…
Claus: Die auch wirklich getroffen werden müssen. Sonst kann es dazu kommen, dass das Werk stehenbleibt! Und das möchte niemand.
Und wenn an einem Tag einmal alles schiefgeht?
Steve: Wir haben immer einen Plan B, immer eine Back-up-Lösung in jedem Angebot, das wir in enger Abstimmung mit unseren Kunden verhandeln. Unsere Aufgabe ist nicht weniger als das kontinuierliche Abliefern von operativer Exzellenz. Das heißt in letzter Konsequenz, dass wir, wenn alle Stricke reißen und eine Strecke aus welchen Gründen auch immer gesperrt ist, auch mit dem Lkw aushelfen. Wir sind Logistiker und wir wollen unsere Aufträge erfüllen, komme was wolle.
Manche Dinge jedoch sind per se unberechenbar und in ihren Auswirkungen mitunter gravierend. Die anhaltenden Angriffe der Huthi-Rebellen im Roten Meer etwa. Ist man da nicht einfach hilflos?
Steve: Solche Dinge kann niemand vorhersehen und sie treffen die Weltwirtschaft mit voller Wucht. Als RCG haben wir jedoch viel aus den Krisen der letzten Jahre gelernt – und dank unserer Präsenz in 18 Ländern, 13 davon in Eigentraktion – haben wir bis zu einem gewissen Grad auch ein Mittel gefunden, sie in ihrer Vehemenz zumindest abzuschwächen. Wenn wir also große Veränderungen in der Welt sehen und Warenströme davon beeinflusst werden, dann platzieren wir unsere Kapazitäten vermehrt auf neuen Korridoren, um besser mit den Veränderungen umzugehen. Wir sind da ziemlich gut darin geworden. Noch zum Beispiel der Huthi-Rebellen: Die Angriffe im Roten Meer haben dazu geführt, dass aktuell deutlich mehr Waren über die Nordhäfen statt über die Südhäfen angeliefert werden. Früher oder später wird sich das wieder ändern, und wir gehen davon aus, dass dann Barcelona oder Koper wieder viel stärker angefahren werden.