Steel & Energy: Das ist Heavy Metal auf der Schiene

26. 02. 2025

Ob Schrott, Stahl Coils, Träger oder Walzdraht – im Segment „Steel & Energy“ werden jährlich über 7 Millionen Tonnen Rohstoffe bewegt. Ein Interview mit den RCG Segment Managern Stefan Hulla und Michael Reiter über die Zukunft der Branche, nachhaltige Stahltransporte und gewichtige Argumente für den Schienengüterverkehr.

Stahl verbindet. Nicht nur als Werkstoff, sondern auch im Team. Seit 2022 schultern die beiden RCG Segment Manager Stefan Hulla und Michael Reiter die Verantwortung für das vielseitige und herausfordernde „Steel & Energy“-Segment. Für das Interview lässt RCG-Routinier Reiter (seit 2012 bei der RCG, darunter Stopps in Budapest und Venedig) seinem Kollegen Hulla (zuvor 18 Jahre bei der voestalpine sowie 3,5 Jahre bei Klöckner in Deutschland) den Vortritt. Alle bereit? Los geht’s!

Beginnen wir mit den Basics: Was gehört alles zum Segment „Steel & Energy“?

Stefan Hulla: Unsere Transporte lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien gliedern: Im Bereich „Energy“ transportieren wir Rohstoffe wie Schrott, Koks, Kohle, HBI (Hot Briquetted Iron, Anm.) und Eisenerz zur Stahlerzeugung. Ergänzend dazu befördern wir auch Aluminium- und Kupferprodukte. Der Bereich „Steel“ wiederum umfasst alle Endprodukte, die die Stahlwerke verlassen.

Also vor allem klassische Stahlträger?

Stefan: Ja, die gehören ebenfalls zu unserem Portfolio. Neben Langprodukten wie Rohren, Stäben, diversen Stahlträgern und Schienen zählt auch der Transport von Flachprodukten wie Stahl-Coils und Spaltbändern zu unserer Outbound-Logistik.

Michael Reiter: Ergänzend ist auch der Transport von Walzdraht Teil unseres Portfolios – ein vielseitiger Werkstoff, der in der Bauindustrie zur Herstellung von Baustahlmatten, in der Fertigung von Zaun-, Netz- und Scharniersystemen sowie in der Automobil- und Maschinenbauindustrie Anwendung findet. Mit einem großen Transportvolumen demonstrieren wir dabei nicht nur unsere Logistikkompetenz, sondern auch die zentrale Bedeutung dieses Produkts.

Bei der Fülle an Rohstoffen und Produkten, die ihr transportiert, was ist da der größte Brocken?

Michael: Im Segment Energy überwiegen zweifellos die Schrottlieferungen im Einzelwagenverkehr, die vorwiegend aus Deutschland, Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei stammen und durch die RCG zu diversen Stahlwerken in Nord- und Mittelitalien befördert werden.

Ich hätte jetzt eher an Kohle gedacht, damit werden ja die großen Hochöfen gefüttert, die eine Stahlproduktion erst ermöglichen…

Michael: Das war einmal. Die Transportvolumina von Kohle nehmen erheblich ab. Das liegt erstens daran, dass thermische Kohle zur Energiegeneration zunehmend weniger eingesetzt wird und die Kohlekraftwerke schrittweise vom Netz genommen werden. Zweitens erfolgt ein Umbau von klassischen Hochöfen zu umweltfreundlicheren Elektrostahlwerken, bei denen bis zu 70 % weniger CO₂-Emissionen anfallen und die primär auf Strom und große Mengen Schrott angewiesen sind.

Nehmt ihr da einfach Schrott von der Müllhalde?

Stefan: Im Grunde ist es so: Neben Altschrott befördern wir auch Neuschrott und Haushaltsschrott, beispielsweise Metallanteile aus alten Haushaltsgeräten. Vor der Weiterverarbeitung wird der Schrott einer umfassenden Radioaktivitätskontrolle unterzogen, um jegliche Kontamination auszuschließen.

Radio was?!

Stefan: Ein rein präventiver Sicherheitscheck. Es kommt vereinzelt vor, dass Schrott radioaktiv kontaminiert ist – in solchen Fällen darf der Schrott selbstverständlich nicht für die Stahlproduktion verwendet werden.

Und wie kriegt ihr den Schrott dann zu den Werken?

Michael: Der Transport des Schrotts erfolgt überwiegend mit bahneigenen und bahnfremden Wagen im Einzelwagenverkehr. Im Segment „Energy“ entfallen über 60 % der Transporte auf diesen Transport-Modus. Darüber hinaus setzen wir verstärkt RCG eigene TransFER-Produkte sowie Ganzzüge für Regel- und Ad-hoc-Verkehre ein, um flexibel auf Kundenwünsche eingehen zu können. Unsere besondere Effizienz resultiert aus der optimalen Nutzung des Wagenmaterials – sowohl bei der Anlieferung der Rohstoffe als auch für die Wiederbeladung der Fertigprodukte.

Ist die Bahn die logische Lösung für Stahltransporte, auch im Vergleich zum Lkw?

Stefan: Der Bahntransport entfaltet seine Stärken vor allem auf langen Strecken mit schweren Gütern. Unsere Kunden profitieren von der hohen Planbarkeit und Regelmäßigkeit unserer Transporte.

Michael: Obwohl der LKW in puncto Flexibilität im Vorteil ist, gleicht die Transportkapazität der Bahn diesen Nachteil wieder aus. Unsere Züge erreichen Längen von über 500 Metern und können bis zu 2.000 Nettotonnen oder mehr befördern, während ein einzelner LKW in der Regel nur rund 24 Tonnen transportiert. Dies ermöglicht unseren Kunden eine vereinfachte und effiziente operative Abwicklung.

Stichwort USP: Kann die RCG von der Nachfrage nach „Green Steel“ und der Nachhaltigkeit der Schiene profitieren?

Stefan: Obwohl wir keinen direkten Einfluss auf den Produktionsprozess in den Stahlwerken haben, tragen wir durch unsere Logistik maßgeblich zur Senkung der CO₂-Emissionen bei. Immer mehr Kunden setzen auf das Konzept „Green Steel“ und die Kreislaufwirtschaft, um ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren – insbesondere in energieintensiven Branchen wie der Zement-, Stahl- und Glasindustrie.

Michael: Auf Wunsch stellen wir unseren Kunden eine Umwelturkunde aus. Dabei handelt es sich um eine Emissionsauskunft, die von externen Spezialist:innen des TÜV Süd begutachtet wurde – ein entscheidender Faktor, um die Erreichung geltender Umweltziele nachzuweisen.

Zum Abschluss, habt ihr ein bestimmtes Projekt, das euch besonders gut in Erinnerung geblieben ist?

Michael: Für mich unterstreicht die Vielseitigkeit unserer Kunden – beispielsweise in Märkten wie Italien, Polen, Ungarn und Tschechien, wo wir über 60 Unternehmen betreuen – die Breite unseres Engagements. Insgesamt betreuen wir mehr als 300 Kunden.

Stefan: Ein besonders erfolgreiches Projekt war die Neugestaltung eines Verkehrsweges für einen Kunden von Moerdijk (Niederlande) nach Wolfurt (Vorarlberg). Dank eines innovativen Logistikkonzepts und der Umstellung des Wagentyps konnten wir die Kapazität pro Wagen von 29 auf 62 Tonnen mehr als verdoppeln – ein klassisches Win-Win-Szenario für alle Beteiligten.

Das Segment „Steel & Energy“ auf einen Blick

  • Über 2 Mio. Tonnen transportierter Stahl pro Jahr
  • Über 5 Mio. Tonnen transportierte Rohstoffe jährlich
  • Mehr als 65 Mitarbeiter:Innen
  • Entwicklung innovativer und CO₂-reduzierter Logistiklösungen für die Stahlindustrie
  • Modernes, branchenspezifisches Equipment
  • Maßgeschneiderte Transportlogistikkonzepte für Schrott, Kohle, Eisenerz, Rohre, Stahlblöcke, Stahl-Coils, Schienen und mehr