Chemie-Transporte gehören zu den größten Herausforderungen der Logistikbranche. Das liegt vor allem am Ausgangsmaterial. Im besten Fall sind Chemikalien sensibel, im denkbar schlechtesten sind sie hochexplosiv – klar, dass peinlich genaue Planung sowie höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards die absolute Grundvoraussetzung für jeden Transport sind. Wir haben Segment Managerin Viktoria Pokorny und Key Account Managerin Anika von der Heiden zum Gespräch getroffen und mit ihnen über hohe Anforderungen und den Anspruch, diesen stets gerecht zu werden, gesprochen.
Viele können sich unter Chemie nur schwer etwas vorstellen. Die meisten erinnern sich wohl an ihre Schulzeit zurück, daran, wie sie lange chemische Verbindungen abgeschrieben haben. Vereinfacht gesagt, wo komme ich mit Chemie in Berührung?
Viktoria: Die Chemie ist ein grundlegender Bestandteil nahezu jeder Branche. Ihre Basisprodukte finden sich im Baustoffbereich, im Automotivbereich oder in der Textilbranche. Chemie findet sich überall, oder wie man auch gerne sagt, alles Leben ist Chemie.
Und das heißt ganz konkret?
Viktoria: Nehmen wir Methanol, das für die Herstellung von Formaldehyd verwendet wird, einem wichtigen Ausgangsstoff für viele Harze. Oder Natronlauge, die bei der Erzeugung von Zellstoff und Cellulosefasern für die Textilindustrie zum Einsatz kommt. Styrol wiederum ermöglicht die Erzeugung von Dämmstoffen wie Styrolplatten. Gut zwei Drittel der Stoffe, die wir transportieren sind Flüssiggüter, ein Drittel ist fest. Vieles davon muss mit großer Sorgfalt transportiert werden. Unsere Kunden sind da sehr genau.
Inwiefern?
Anika: Wie wichtig Reinheit und Qualität der Stoffe beim Chemie-Transport sind, zeigt sich sehr gut beim Zugang zum Wagenmarkt. Wir vermieten zwar auch, aber unsere Kunden stellen zu 99 % ihr eigenes Equipment. Damit kann von Anfang an garantiert werden, dass in den Kesselwagen und im Spezial-Equipment ausschließlich ein und derselbe Stoff transportiert wird. Das ist immens wichtig, denn schon ein paar Tropfen können ein Produkt verunreinigen und wertlos machen und das wollen wir auf keinen Fall riskieren.
Sind Chemieprodukte so etwas wie die Mimosen unter den Transportgütern?
Anika: (lacht) Sie sind auf jeden Fall hochsensibel, und sie fordern einen sehr umsichtigen Umgang. Das heißt, wir sind an gewisse Restriktionen gebunden und halten uns penibel an unser RID (Ordnung über die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter, Anm.). Teilweise müssen die Transporte sogar temperaturgeführt sein. Wir verwenden dafür isolierte Kesselwagen, damit die Güter eine bestimmte Temperaturbereich nicht verlassen. Mitunter ist es auch so, dass die Kesselwagen nicht zu lange stehen dürfen, weil sich das Produkt in der Sonne erhitzt und damit unbrauchbar wird. Das wird mittels Sensoren an den Wägen auch regelmäßig gecheckt.
Klingt nach ziemlich vielen Dingen, die man beachten muss …
Anika: Wir haben so wie unsere Kunden das Bewusstsein für den Umgang mit chemischen Stoffen verinnerlicht. Das beginnt bei der ersten Anfrage und geht bis zur Zusammenstellung der Züge. Wir handeln mit besonderen Stoffen und brauchen darum oft auch einen besonderen Zugang. Alle Mitarbeiter:innen, die mit Gefahrgut in Berührung kommen, müssen daher regelmäßig geschult werden. Und auch der Einzelwagenverkehr ist für uns sehr wichtig. Das kommt zum Teil daher, dass hochgiftige, entflammbare Stoffe, etwa Chlor, in den Produktionswerken nur zu einem geringen Teil vorhanden sein dürfen. Wir wollen und dürfen da auch nicht mit einem Ganzzug ins Werk fahren.