Eisenbahn einfach erklärt
Verschub
27. 09. 2018
Ohne Verschub fährt kein Zug. Der Verschub ist die Geburtsstätte eines jeden Zuges. Warum das so ist, wie und wo Züge gebildet werden und welche Voraussetzungen Güterwagen mit sich bringen müssen, um über den Abrollberg zu rollen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Schienengüterverkehr ist ganz schön komplex. Nicht vergleichbar mit dem Straßengüterverkehr. Ist ein Lkw aufgetankt und hat der Fahrer/die Fahrerin alle erforderlichen Papiere mit dabei, kann es auch schon losgehen. Nicht so beim Schienengüterverkehr. Denn bevor ein Güterzug starten kann, müssen die leeren Waggons rechtzeitig bestellt und dem Kunden zugeführt werden. Nach der Beladung und dem Beförderungsauftrag werden sie dann von unterschiedlichen Bedienstellen abgeholt und für den Transport zu einem Zug zusammengestellt. Dafür sorgt der Verschub. Der Verschub ist somit für die Beistellung, Abholung, Bildung und Kontrolle der Güterwagen bzw. Personenwagen zuständig. Im Detail wird mit dem Begriff das Auf-, Abstellen, Ein-, Ausreihen und Bewegen einzelner Schienenfahrzeuge bzw. Fahrzeuggruppen bezeichnet. Denn ein Wagen wird auf seiner Fahrt zum Bestimmungsort im Regelfall mehrmals verschoben – sowohl im Abgangs- und Zielbahnhof als auch während seines Laufweges. Dieser Vorgang erfolgt in sogenannten Verschiebebahnhöfen bzw. Bedienknoten. Verschiebebahnhöfe, wie etwa der Zentralverschiebebahnhof in Wien-Kledering, sind die Zugbildungsbahnhöfe für den Transport einzelner Güterwagen oder Wagengruppen zwischen einer Region und mehreren anderen größeren Zugbildebahnhöfen. Am Bestimmungsort wird der Güterzug dann wieder in die einzelnen Wagen bzw. Wagengruppen für jeden Kunden zerlegt und zur Entladung bereitgestellt.
Abgerollt und bereitgestellt
An allen großen Verschiebebahnhöfen, wie z. B. dem Zentralverschiebebahnhof in Wien-Kledering, übrigens dem größten Verschiebebahnhof Österreichs, dreht sich alles um die Wagenübergänge von einem Zug zum anderen. Über einen sogenannten Rollberg, einen künstlich angelegten Hügel, schiebt eine Verschublok die Waggons über die Spitze des Hügels. Selbständig rollen sie daraufhin das Gefälle hinab und werden über den Weichenbereich in eines der 48 Richtungsgleise gebracht, worauf sie wieder einen neuen Zug bilden. Modernste Technik und Systeme sorgen gemeinsam mit unseren MitarbeiterInnen dafür, dass die Wagen auch in den richtigen Zugverband eingereiht werden. Abgebremst werden die Waggons vollkommen automatisch durch die im Gleisbereich eingebauten Bremselemente. Auf diese Weise werden hier in Wien-Kledering täglich rund 140 Züge getrennt und wieder neu vereint – für die Weiterreise nach Zieldestinationen in ganz Europa und darüber hinaus bis Asien.
Güterwagen ist nicht gleich Güterwagen
Bei jedem Verschubstoß (wenn Wagen auf andere Wagen auflaufen), der insbesondere beim Abrollvorgang über den Abrollberg entsteht, wirken massive Kräfte auf das Wagenmaterial. Für die Abrollbergfähigkeit müssen Güterwagen somit bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Alle Wagen, die diese Voraussetzungen aufgrund ihrer Ladung oder Lademaßüberschreitung nicht erfüllen, werden mit einem deutlichen Mehraufwand manuell verschoben. So sind beispielsweise Standard-Containertragwagen, die im intermodalen Verkehr eingesetzt werden, nicht abrollbergfähig. Der schwach ausgeführte Containerzapfen, also jenes Verbindungsstück, der den Container mit dem Tragwagen verbindet, würde den Verschubstößen über den Abrollberg nicht standhalten. Daher ist die Manipulation von Standardcontainern sowie Wechselaufbauten ausschließlich an Terminals möglich. Güterwagen ist somit nicht gleich Güterwagen. Unser zukunftsweisender Plattformwagen TransANT, der aus einer modular einsetzbaren Plattform und unterschiedlichen Aufbauten besteht, wird hingegen die Voraussetzungen erfüllen, vielmehr den Güterverkehr revolutionieren und vollkommen neue Logistikwege einschlagen.