Klimaschutz durch Bahnausbau

16. 07. 2019

Gastautor: Dr. Michael Kopatz, Umweltwissenschaftler, Dozent und Projektleiter im Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie im RCG-Talk.

Der Onlinehandel boomt, Warenlager sind mittlerweile auf die Straßen übersiedelt, das Verkehrssystem steht vor einem Burnout – nur zu gut kennen wir die Situation und Tag für Tag wird sie uns auf den Autobahnen vor Augen geführt. Bis ins Jahr 2030 soll das Frachtaufkommen um weitere 30 % steigen. Doch wie kommen wir raus aus diesem Kreislauf?

Michael Kopatz aus Wuppertal, Deutschland, ist nicht nur Umweltwissenschaftler und Klimaexperte sowie Dozent im Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, er ist vor allem eines: Verfechter der umweltfreundlichen Schiene. Heißt doch sein Rezept für „Raus aus der Routine, rein in die Verantwortung“: Klimaschutz durch Bahnausbau. Grund genug, ihn im Zuge unserer neuen Serie „Expertise am Wort“ vor den Vorhang zu holen. Wir baten ihn zum Talk.

Klimaschutz durch Bahnausbau

von Dr. Michael Kopatz

 

Parallel zur Strecke Osnabrück-Bielefeld fährt eine Bahn. Ziemlich langsam zwar, aber immerhin, beträgt die Fahrzeit nur 60 Minuten, etwas länger als die 50 Minuten, die es mit dem Auto braucht. Da der Staat in die Autobahn investiert, wird sich die Fahrtzeit auf vielleicht 30-40 Minuten verkürzen. Dann werden viel mehr Menschen mit dem Auto fahren und die Bahn ignorieren. Das verstopft wiederum die Autobahn.

Der Straßenausbau ist ein Wachstumstreiber, nicht nur für den PKW-Verkehr. Die Prognosen verkünden eine Zunahme des LKW-Verkehrs um fast 40 Prozent bis zum Jahr 2030. Und die Ministerien machen sich zum Wegbereiter dieser katastrophalen Entwicklung. Schon vor 30 Jahren haben Unternehmen ihre Lager auf die Straße verlegt – »Just in Time«, genannt und damit die Autobahnen überlastet.

Die Kartoffel aus Ägypten

Da die Transportkosten kaum ins Gewicht fallen, werden viele Lebensmittel kreuz- und quer durch Europa gekarrt. Die Kartoffel aus Ägypten ist im Frühjahr inzwischen Routine. Und auch der Onlinehandel dynamisiert den Gütertransport weiter.

Wenn wir uns selbst ernst nehmen beim Klimaschutz, gilt es den Straßenausbau zu beenden. Nur, wenn keine Straßen aus- oder neugebaut werden, lässt sich vermeiden, dass der LKW-Verkehr weiter drastisch zunimmt. Stattdessen könnten die frei werdenden Mittel zukunftsfähig in die Bahn investiert werden. In der Folge werden Spediteure ihre Routinen ändern und ihre Fracht auf die Schiene verlagern.

Wenn wir den Ausbau von Straßen, Häfen und Flughäfen schlichtweg unterlassen, stünden einige Milliarden Euro zur Verfügung, um die Bahn zu stärken. Weitere Mittel kämen durch höhere Mautgebühren für Lastkraftwagen hinzu. Wenn LKW-Transporte teurer und aufwendiger werden und Bahntransporte schneller und günstiger, dann haben wir bereits ein entscheidendes Ziel für den Klimaschutz erreicht!